Religion, Mythologie und fernöstliche Weisheitslehren
Aus Sicht der Wissenschaft erscheinen Religion und Mythologie heute wie Geschichten ohne den geringsten Bezug zur Realität, als hätten die Menschen vergangener Zeitalter an Ammenmärchen geglaubt, so wie Kinder an den Osterhasen und Weihnachtsmann. Mit ein bisschen gesunden Menschenverstand kann man sich aber klar machen, dass alles, das Menschen mal im großen Stil für richtig hielten, irgendeinen Bezug zur Realität haben muss. Das Problem ist, dass es zwischen den durch Wissenschaft und Religion beschriebenen Teilen der Realität keinerlei Überschneidungen gibt:
- Wissenschaft beschreibt die Gesetzmäßigkeiten der Materie.
- Religion, Mythologie und fernöstliche Weisheitslehren drehen sich um das Bewusstsein und seine Wirkung auf die Materie.
Die Naturgesetze und ihre scheinbare Absolutheit haben den Verstand dazu verleitet, die Materie als Grundlage alles Existierenden anzusehen. Die Wissenschaft gibt ihren Teil der Realität als das Ganze aus und behauptet einfach, dass alles, das nicht so klar bewiesen werden kann wie ein Naturgesetz, unwissenschaftlicher Blödsinn ist. Dadurch schränkt sie Erkenntnis massiv ein und das funktioniert auch nur, indem zahlreiche Widersprüche zwischen Weltsicht und Realität ausgeblendet werden.
In diesem Kapitel wird es darum gehen, den grundlegenden Symbolen und Mythen von Religion, Mythologie und fernöstliche Weisheitslehren ihren konkreten Bezug zum nicht-materiellen Teil der Realität zurück zu geben, denn dieser Bezug ist schon vor langer Zeit verloren gegangen - falls er überhaupt jemals existiert hat.
Auch wenn das für den wissenschaftsgeschulten Geist nur schwer zu akzeptieren ist - Religion, Mythologie und fernöstliche Weisheitslehren sind Systeme zur Wissensvermittlung. Allerdings geht es nicht um theoretisches rationales Wissen, sondern um ein praktisches Wissen, mit dem sich sehr handfeste Wirkungen erzielen lassen. Die umfangreichen Ausführungen der letzten Kapitel könnten dazu verleiten, das Ganze für eine umfangreiche Theorie zu halten. Aber all das scheinbar Theoretische hat nur das eine gleiche Ziel, welches auch Religion, Mythologie und fernöstliche Weisheitslehren verfolgen:
den Verstand dazu zu bewegen, die Blockade der nicht-rationalen Teile der Psyche schrittweise zu lockern und ihnen zu gestatten, ihre vollkommen andere Sicht auf die Realität zu offenbaren.
Es geht darum - mit welchen Tricks auch immer - Menschen dazu zu bringen, ihre nicht-rationalen Teile der Psyche einzusetzen und selbst zu erkennen, was theoretisch nur schwer vermittelt werden kann, weil es aus rationaler Sicht absurd klingt, solange der Verstand seine Illusionen aufrecht erhalten kann.
Jedes dieser Systeme tut das auf seine eigene Weise:
Die fernöstlichen Weisheitslehren drehen sich um die Frage "Wer bin ich?", welche mit Hilfe von Meditation beantwortet werden soll. Ziel ist es, die Quelle des eigenen Verhaltens in sich zu finden und zu erkennen, dass das nicht der Verstand ist. Meditation schafft Zeiträume ohne äußere Beanspruchung der Aufmerksamkeit durch die Sinne, in denen der Verstand zur Ruhe kommt und sich die Wahrnehmung nach innen wenden kann. Das soll die nicht-rationalen Teile der Psyche aufwecken, welche dann die Sicht auf andere Aspekte der Realität eröffnen.
Die Wissenschaft erhebt genau wie zuvor die Religion den Absolutheitsanspruch, das einzige legitime Erkenntnisprinzip zu sein, indem sie alles als unwissenschaftlich abwertet, das mit den Methoden der Wissenschaft nicht als wahr identifiziert werden kann. Tatsächlich schlummert in der menschlichen Psyche vom Verstand unterdrückt ein Erkenntnismechanismus, dessen Möglichkeiten unendlich weit über die der Wissenschaft hinausgehen.
Die Mythologie erzählt Geschichten über ein magisches Reich, in dem unglaubliche Dinge möglich sind und das aber nur wenige Menschen kennen, weil die geheime Pforte dazu so gut versteckt ist. Kern des magischen Reiches ist natürlich die Magie - die Fähigkeit, Dinge bewirken zu können, ohne den Körper einzusetzen, allein aus der Kraft des Geistes heraus. Magie ist die mythologische Entsprechung zur Wirkung des Bewusstseins auf die Materie. Um in den Besitz von Magie zu gelangen, muss man den Heiligen Gral (das Ich) finden. Weitere mythologische Bilder sind zum Beispiel:
- das Wasser des Lebens: die Heilung von unheilbaren Krankheiten. Dabei geht es um genau jene Krankheiten, die der Verstand aus Unkenntnis der Zusammenhänge unbewusst selbst erzeugt.
- der Stein der Weisen: nicht-rationale Erkenntnis - die erstaunliche Fähigkeit der vom Verstand unterdrückten nicht-rationalen Teile der Psyche. Es geht um den Zugang zu Informationen, die rational nicht zu erlangen sind.
- Ein Fluch ist der negative zerstörende Einsatz von Projektionen bzw. Aufmerksamkeit gegen andere Menschen.
In der Religion steht Gott im Mittelpunkt:
- Gott, das Ganze, von dem der Mensch ein Teil ist
- der Mensch als Teil eines größeren Ganzen
- Durch den Sündenfall wurde der Mensch von Gott getrennt und fiel aus dem Paradies heraus. Der Sündenfall ist die Trennung des Verhaltens von seiner ursprünglichen Quelle durch den rationalen Verstand. In der Religion wird das dargestellt als Verzehr der verbotenen Frucht vom Baum der Erkenntnis. Dabei ist die verbotene Frucht keinesfalls die Rationalität an sich, sondern ein falscher Einsatz von Rationalität bzw. das Ersetzen von nicht-rationalen psychischen Funktionen durch Rationalität. Die Rationalität als solche ist ein großer Fortschritt der Evolution, wenn sie im richtigen Kontext eingesetzt wird, weil sie es ermöglicht, die Gesetzmäßigkeiten im Verhalten der Materie zu kontrollieren.
- Das Paradies steht für die Lösung der grundlegenden menschlichen Probleme durch die Verbindung zu Gott.
- Die Verbindung des Menschen zu Gott ist die Seele (das Ich).
- Das Gesamtsystem wir durch die Trinität ausgedrückt: Vater (Gott), Sohn (Seele / Ich) und Heiliger Geist (Aufmerksamkeit / Bewusstseinsenergie)
- Gott und Seele sind durch den Baum der Erkenntnis und den Baum des Lebens miteinander verbunden.
- Der Baum des Lebens "verteilt" die Lebensenergie - die Energie, die das Leben antreibt. Durch das innerpsychische Potential koordiniert Gott die Teile zu einem funktionierenden Ganzen.
- Der Baum der Erkenntnis versorgt die Teile mit Informationen, so als wäre man an eine riesige Bibliothek angeschlossen, aus der alles Wissen des Universums abrufbar ist (der Gott den man fragen kann und der auch antwortet, wenn man die richtige Fragetechnik beherrscht).
Im Kern geht es in all diesen geistigen Systemen um 3 praktische Zusammenhänge:
- Das Verhalten wieder mit seiner ursprüngliche Quelle - dem natürlichen Potential - verknüpfen. Dadurch werden die egoistischen, auf sich selbst bezogenen, ausschließlich im eigenen Interesse handelnden Individuen zu einem kollektiven Ganzen und negative Wirkungen durch falschen Einsatz von Aufmerksamkeit reduziert. Der heute weit verbreitete rationale Schein-Altruismus ist ein Irrweg, weil er die Zusammenhänge und Bedürfnisse des Ganzen gar nicht kennt und stattdessen auf ein oberflächliches Wegretuschieren von Leiden ausgerichtet ist, ohne die Funktion des Leidens geschweige denn die Funktion des Gesamtsystems zu verstehen.
- Nicht-rationale Erkenntnis: das Erlangen von Informationen über das Gesamtsystem, die rational nicht erlangt werden können. Die Rationalität und ihre Wissenschaft decken nur einen kleinen Teilaspekt des Gesamtsystems ab (die Gesetzmäßigkeiten der Materie).
- Die Wirkung des Bewusstseins auf die Materie wahrnehmen, steuern und kontrollieren.
Für all das sind eine entwickelte innerpsychische Wahrnehmung und die Reaktivierung der nicht-rationalen Teile der Psyche die Voraussetzung. Der rationale Verstand hingegen lehnt genau diese drei Punkte kategorisch ab:
- Verhalten ergibt sich ausschließlich aus dem, was rational richtig ist.
- Informationen, die nicht rational durch angestrengtes Nachdenken ausgedacht wurden, sind unwissenschaftlicher Nonsens.
- Materielle Wirkungen müssen materielle Ursachen haben. Magie ist ein Mythos ohne den geringsten Bezug zur Realität.
Religion, Mythologie und fernöstliche Weisheitslehren haben jeweils unterschiedliche Schwerpunkte:
- Die fernöstlichen Weisheitslehren setzen vor allem auf die Entwicklung der innerpsychischen Wahrnehmung.
- Die Mythologie beschreibt die immerwährende Suche nach etwas unendlich Wertvollem und das Erlangen von Magie.
- In der Religion steht im Mittelpunkt Gott, das Ganze, das uns eigentlich alle verbindet und von dem wir aber getrennt wurden. Die Verbindung soll durch das innere Zwiegespräch mit Gott wieder hergestellt werden (innerpsychische Wahrnehmung, nicht-rationale Erkenntnis).