Das Ich und die Welt
Die Evolutionstheorie versucht zu erklären, wie das Leben aus ausschließlich lebloser Materie entstehen konnte. Aber das Leben kann nicht aus ausschließlich lebloser Materie entstanden sein, weil sein Verhalten eine Reihe von Merkmalen aufweist, die mit dem Verhalten lebloser Materie nicht erklärt werden können:
- Lebewesen haben ein selbstgetriebenes Verhalten. Sie können im Gegensatz zur leblosen Materie ein Verhalten aus sich selbst heraus entwickeln, während das Verhalten der leblosen Materie ausschliesslich durch die Einwirkung äußerer Kräfte bestimmt wird.
- Lebewesen haben ein absichtliches Verhalten. Sie können bestimmte Zielzustände aus unterschiedlichen Ausgangszuständen heraus anstreben. Das Verhalten der leblosen Materie hingegen ist entweder gesetzmäßig oder zufällig.
- Lebewesen sind im Gegensatz zur leblosen Materie zur Entwicklung fähig.
Es muss deshalb etwas geben, das all diese Eigenschaften hervorbringt und das ist nicht leblose Materie.
Das Leben basiert auf einer eigenständigen Form von Energie - dem Bewusstsein. Das Bewusstsein bringt das Verhaltens der Lebewesen hervor.
Um das Verhalten einer Energieform zu verstehen, würde der Mensch normalerweise seine Sinne einsetzen, unterstützt durch Messgeräte. Bewusstsein ist aber über die Sinne nicht wahrnehmbar. Es ist eine nicht-materielle Form von Energie.
Der Mensch ist selbst ein Lebewesen. Die entscheidende Frage lautet daher:
Wie entsteht mein eigenes Verhalten?
Verhalten entsteht im Inneren der Psyche. Zur Beantwortung dieser Frage muss deshalb in die eigene Psyche geschaut werden.
An dieser Stelle zeigt sich das Defizit der Wissenschaft als Erkenntnismethode: Die Wissenschaft lehnt die Verwendung der innerpsychischen Wahrnehmung zum Erlangen von Erkenntnis ab, aber die Frage nach der Entstehung des eigenen Verhaltens kann nur auf diesem Weg beantwortet werden.
Die meisten Menschen würden auf die Frage nach der Entstehung ihres Verhaltens vermutlich antworten: "Ich denke darüber nach, was das Richtige ist und das tue ich dann." Die Entwicklung des Verstandes hat dazu geführt, dass sich der Mensch für einen rational durch den Verstand gesteuerten Körper hält. Körper und Verstand sind aber nicht der Ursprung des Verhaltens. Das Verhalten entsteht aus dem Ich: "Ich denke nach. Ich tue das und das." Das Ich setzt Verstand und Körper in Bewegung. Deshalb ist es Energie. Das Ich ist ein Element der Energieform Bewusstsein.
Was also ist das Ich? oder: Wer bin ich? Obwohl diese kleine Frage beharrlich immer wieder irgendwo auftaucht und irgendwie wichtig zu sein scheint, wird sie niemals wirklich beantwortet. Sie wird wohl meist für eine eher rhetorische, philosophische oder spirituelle Frage gehalten. Dabei ist es eine zutiefst praktische Frage. Man könnte mit einigem Recht sagen, dass es die praktischste Frage überhaupt ist, denn sie ist der Schlüssel zur Lösung all der Probleme, die der Verstand nicht gelöst bekommt. Also: Wer bin ich? Auf rationaler Ebene ist die Antwort einfach: "Ich bin ich!" Jetzt geht es nur noch darum zu verstehen, wer oder was "ich" ist. Um eine Energieform zu verstehen, muss man ihr Verhalten verstehen: Was also ist das Verhalten des Ich? Das Ich ist nicht der Körper. Es läuft oder hopst nicht durch die Gegend. Das Ich ist auch nicht der Verstand. Es denkt deshalb auch nicht nach. "Ich denke, also bin ich." führt hier leider auf den falschen Dampfer. Das Ich nimmt wahr. Bewusstsein ist das, was wahrnimmt.
Bewusstsein ist eine Form von Energie. Es interagiert mit dem, was es wahrnimmt:
- Es wird verändert durch das, was es wahrnimmt
- und es verändert das, was es wahrnimmt.
Das Ich nimmt "die Welt" wahr. Im Folgenden geht es um die Interaktion zwischen Ich und Welt - zwischen dem, was wahrnimmt und dem, was wahrgenommen wird:

In diesem Modell sind der Verstand und der Körper Teil "der Welt". Das Ich ist nur das Ich - kein Körper, kein Verstand - nur Ich und Wahrnehmung.
Es gibt keine Veränderung ohne Potential. Wenn die Welt verändernd auf das Ich einwirkt, dann erzeugt sie ein Potential, dem das Verhalten des Ich folgt. Ein Potential bedeutet, von etwas angezogen zu werden. Das Ich ist das, was wahrnimmt. Wenn etwas anziehend auf das Ich wirkt, dann zieht es die Wahrnehmung des Ich an. Das Ich kann seine Wahrnehmung lenken wie einen Scheinwerfer, der über eine Landschaft streift und es lenkt seine Wahrnehmung auf das, wovon es angezogen wird. Das ist das Potential, welches "die Welt" auf "das Ich" ausübt und dem das Verhalten des Ich folgt: Das Ich folgt mit seiner Wahrnehmung dem Potential, das von der Welt ausgeht.
Wenn das Ich mit seiner Wahrnehmung auf etwas verweilt, von dem es sich angezogen fühlt, dann spricht man auch von "Aufmerksamkeit schenken". Das Ich fühlt sich von bestimmten Wahrnehmungen angezogen und schenkt diesen Wahrnehmungen dann seine Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit ist der Fokus der Wahrnehmung, der sich etwas zuwendet, das eine Anziehungskraft (Potential) auf das Ich ausübt. Teilweise kann das Ich aus mehreren anziehend wirkenden Wahrnehmungen wählen, welcher Sache es Aufmerksamkeit schenkt. Manche Wahrnehmungen ziehen jedoch so vehement die Aufmerksamkeit auf sich, dass sich das Ich ihnen zwangsläufig zuwenden muss (Schmerzen zum Beispiel).
Wahrnehmung ist nicht nur Sinneswahrnehmung, sondern auch innerpsychische Wahrnehmung. Wenn das Ich über seine Sinne die materielle Welt wahrnimmt, dann löst das psychische Prozesse aus, welche assoziativ zur Sinneswahrnehmung innerpsychische Wahrnehmungen (z.B. Vorstellungen) hervorbringen. Eine Art von innerpsychischer Wahrnehmung spielt bei der Entstehung von Potential eine ganz besondere Rolle: die Zukunftsprojektionen. Das Bewusstsein projiziert permanent die Wahrnehmung der Gegenwart in die Zukunft. Auf diese Weise erzeugt es in seiner Vorstellung mögliche Versionen zukünftiger Entwicklungen, um sie auf Übereinstimmung mit seinen Zielen und Bedürfnissen hin zu bewerten. "Zukunft" kann in diesem Zusammenhang die ganze Bandbreite von Sekunden bis zu Jahrzehnten sein. Einige Zukunftsprojektionen üben eine besonders große Anziehungskraft auf das Ich aus und werden zu Absichten. Absichten sind Zustände, von denen das Bewusstsein angezogen wird und denen es deshalb seine Aufmerksamkeit schenkt. Sie entstehen durch die Fähigkeit des Bewusstseins, aus der Sinneswahrnehmung der Gegenwart Vorstellungen möglicher zukünftiger Entwicklungen zu erzeugen.
Das ist die Wirkung, welche die Welt auf das Verhalten des Ich ausübt: Das Ich fühlt sich von bestimmten Sinneswahrnehmungen und den daraus entstehenden innerpsychischen Zukunftsprojektionen angezogen und schenkt diesen Wahrnehmungen dann seine Aufmerksamkeit. Das ist allerdings nicht, was man mit "dem Verhalten eines Lebewesens" assoziieren würde. Wenn man vom Verhalten eines Lebewesens spricht, dann meint man sein körperliches Verhalten. Und damit kommen wir zum zweiten Teil der Interaktion - dem Einfluss, den das Ich auf die Welt ausübt:
Das Ich setzt (unter anderem) den eigenen Körper in Bewegung. Aber wie genau macht es das? Stellen wir uns einmal vor, es schleicht sich ein Hungergefühl in die Wahrnehmung. Das Bewusstsein projiziert die Wahrnehmung in die Zukunft, indem es den Körper genüsslich seinen Hunger stillen sieht und schon ist der Körper auf dem Weg in die Küche. Das Ich richtet seine Aufmerksamkeit auf etwas, von dem es sich angezogen fühlt und das gibt dem Körper den Impuls, sich in Bewegung zu setzen.
Nun ist das ein Vorgang, der sowieso vollkommen selbstverständlich abläuft, ohne dass darüber nachgedacht werden muss. Damit müsste man sich eigentlich nicht beschäftigen. Aber es ist eben auch ein Beispiel für einen Zusammenhang, der in einem viel größeren Umfang gültig ist und der nicht nur das ganze Leben des Menschen durchzieht, sondern der die menschliche Existenz überhaupt erst ermöglicht und hervorgebracht hat. Was das Ich mit dem Körper macht, tut es mit jeder Form von Energie!
Bewusstsein lenkt Energie in Richtung dessen, was im Fokus seiner Aufmerksamkeit ist. Es erzeugt für andere Energie-Elemente ein Potential, das sie in Richtung seiner Aufmerksamkeit zieht.

Das ist die Grundlage des selbst-getriebenen Verhaltens der Lebewesen und ihrer Fähigkeit, Absichten zu verfolgen. Die Aufmerksamkeit des Bewusstseins ist pure verändernde Energie. Deshalb heißt es "Aufmerksamkeit schenken" und deshalb werden im Internet Follower und Likes gesammelt.
Aus rationaler Sicht ist das eine sehr gewagte Behauptung. Im Weltbild des Verstandes gibt es kein Bewusstsein und auch generell keine nicht-materiellen Formen von Energie. Außerdem hat der Verstand den Anspruch, das Verhalten möglichst vollständig rational zu bestimmen. Da passt die Information, dass das Verhalten eigentlich ohne den Verstand entsteht, überhaupt nicht dazu.
Wenn der Verstand versucht, rationale Verhaltensentscheidungen in die Tat umzusetzen, dann setzt er diesen Zusammenhang unbewusst ein. Das muss er, weil ein körperliches Verhalten überhaupt nur auf diesem Weg zustande kommt. Da es aber unbewusst geschieht, bedient der Verstand den Mechanismus falsch, so dass er seinen Absichten entgegenwirkt. (Damit werden sich spätere Kapitel noch beschäftigen.)
Der Zusammenhang durchzieht die gesamte menschliche Existenz auf vielfältige und fundamentale Weise, doch der Verstand nimmt ihn nicht wahr, weil sein rationales Weltbild einen solchen Zusammenhang kategorisch ausschließt!
Es ist Aufgabe der vom Verstand unterdrückten nicht-rationalen Teile der Psyche, die Wirkung des Bewusstseins auf seine Umwelt wahrzunehmen und zu steuern. Ihre Funktion wird vom Verstand jedoch blockiert, um das rationale Weltbild aufrechtzuerhalten. Dennoch lässt sich der Einfluss des Bewusstseins auch auf rationaler Ebene wahrnehmen. Folgende beiden Beispiele zeigen den Einfluss des Bewusstseins im menschlichen Alltag:
- Aufmerksamkeit lenkt Kreativität. Da der Verstand den Zusammenhang nicht kennt, beginnt er immer dann, wenn Kreativität in Form von neuen Ideen gebraucht wird, angestrengt nachzudenken. Damit überlagert hektische rationale Aktivität die Wahrnehmung eines der machtvollsten Mechanismen der Psyche. Dabei ist der Zugang ganz einfach: Anstatt in hektische rationale Aktivität zu verfallen, einfach nur entspannt die Aufmerksamkeit auf ein Vorhaben ausrichten und wahrnehmen, wie die Psyche spontane Eingebungen, Ideen und Handlungsimpulse hervorbringt. Das Problem dabei ist, dass der Verstand in der Regel schon vorher einen genauen Plan hat, den er auf Biegen und Brechen umsetzen will und die spontanen Eingebungen der Krativität passen meist nicht in diesen Plan.
- Rationale Verhaltensentscheidungen sind nicht so einfach in die Tat umzusetzen. Man denke nur an "gute Vorsätze". Nicht selten muss man sich dazu überwinden oder regelrecht "zwingen". Aber jeder Mensch hat in seinem Leben auch schon das komplette Gegenteil davon erlebt:
- wenn etwas ganz leicht, mühelos und wie von selbst geht
- wenn man sich gar nicht bremsen kann
- wenn man ohne jede Anstrengung voll konzentriert ist
- wenn Ideen und kreative Einfälle nur so sprudeln
- wenn man voller Energie und Tatendrang ans Werk geht
- wenn alles genau so funktioniert, wie es das soll