Das richtige Maß
Die erste Darstellung der Verhaltensentstehung hatte eine stark vereinfachte Form:
- Das Bewusstsein projiziert die Wahrnehmung der Gegenwart in die Zukunft.
- Von einigen dieser Zukunftsprojektionen fühlt es sich angezogen und schenkt ihnen seine Aufmerksamkeit.
- Das lenkt Energie (einschließlich Verhalten und Entwicklung der Materie) in Richtung der Zukunftsprojektion.
In der Realität ist dieser Prozess natürlich etwas komplexer - vor allem, wenn es sich um ein "großes Vorhaben" handelt. Man könnte den Prozess in eine Art Phasenmodell aufteilen:
- erstes Auftauchen einer "Vision", die als anziehend empfunden wird; Das kann ein sehr intensiver emotionaler Moment sein.
- Entscheidung, der Vorstellung Aufmerksamkeit zu schenken
- Die Aufmerksamkeit aktiviert die Kreativität der Psyche, welche Ideen zur Umsetzung liefert.
- Ist es ein größeres Vorhaben, muss es gegebenenfalls in mehrere Entwicklungsschritte aufgeteilt werden.
- Ermittlung des konkreten körperlichen Verhaltens, um dem angestrebten Zustand näher zu kommen.
- Erstellung von Zukunftsprojektionen, um die Chancen und Risiken verschiedener Varianten körperlichen Verhaltens auszuloten.
Der Mensch tritt über seinen Körper mit der materiellen Umwelt in Verbindung. Die Interaktion des Körpers mit seiner materiellen Umwelt ist die Interaktion zweier super-komplexer Systeme. Es gibt deshalb immer gesetzmäßige und nicht-gesetzmäßige Verhaltensanteile mit unterschiedlich großen Ausprägungen.
Das Bewusstsein strebt Entwicklung an. Entwicklung kann nur stattfinden bei Verhalten mit einem signifikanten nicht-gesetzmäßigen Verhaltensanteil. Ein nicht-gesetzmäßiger Verhaltensanteil bedeutet,
- dass das Verhalten für einen Erfolg zumindest einiges an Aufmerksamkeit erfordert
- oder das Erreichen des angestrebten Ziels ungewiss
- oder sogar in den ersten Versuchen nahezu ausgeschlossen ist.
In der Regel gibt es für auf Entwicklung ausgerichtetes körperliches Verhalten eine Art Spielraum zwischen
- vollständig gesetzmäßigem Verhalten (maximale Sicherheit, keine Entwicklung möglich) und
- vollständig nicht-gesetzmäßigem Verhalten (hohes Risiko, gelingt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht)
Beide Extrempole sind mit negativen Wirkungen verbunden:
- Die Beschränkung auf vollständig gesetzmäßiges Verhalten blockiert das Potential des Bewusstseins und führt deshalb zu negativen materiellen Entwicklungen, die ein Erreichen des Angestrebten immer unmöglicher machen.
- Vollständig nicht-gesetzmäßiges Verhalten überfordert den Körper (Überlastung, Verletzungsrisiko, Tod)
Die Psyche hat deshalb die Aufgabe, zwischen diesen beiden Polen das richtige Maß oder auch die goldene Mitte zu finden. Dazu erstellt sie eine Reihe von Zukunftsprojektionen konkretes körperliches Verhalten betreffend. Einige dieser Zukunftsprojektionen können durchaus negativ sein. Das ist ganz natürlich und auch kein Problem. Negative Zukunftsprojektionen haben einfach die Funktion, Risiken abzuschätzen. Natürlicherweise erstellt die Psyche positive und negative Zukunftsprojektionen, um ein Gefühl für die Risiken zu bekommen und aus mehreren möglichen körperlichen Verhaltensalternativen ein geeignetes Verhalten auszuwählen, das dann praktisch umgesetzt wird.
Wichtig ist an dieser Stelle, dass negative Zukunftsprojektionen nicht per se etwas Schlechtes sind. Sie haben eine ganz natürliche Funktion. Erst die negativen Verzerrungen bei der Erstellung und Gewichtung von Zukunftsprojektionen durch ein unvollständiges rationales Realitätsmodell sind ein Problem. Sie kommen daher, dass der Verstand die Wirkung des Bewusstseins auf den nicht-gesetzmäßigen Verhaltensanteil der Materie und die Veränderung materieller Gesetzmäßigkeiten nicht kennt und deshalb auch bei der Erstellung und Auswertung von Zukunftsprojektionen nicht berücksichtigt.
Das richtige Maß zu ermitteln ist Aufgabe der nicht-rationalen Teile der Psyche, die aber vom Verstand blockiert werden. Ohne die nicht-rationalen Teile der Psyche neigt der Verstand dazu, eine der beiden Extrempositionen (absolute Sicherheit oder viel zu hohes Risiko) einzunehmen.