Einleitung

Was den Menschen von allen anderen Lebewesen unterscheidet, ist sein ausgeprägter rationaler Verstand. Der Verstand ist eine sehr junge Entwicklung der Evolution. Seine Entwicklung begann vor ungefähr 30.000 bis 60.000 Jahren. Bevor sich der Verstand in der Psyche des Menschen zu entwickeln begann, hatte sich das Leben bereits seit Milliarden von Jahren erfolgreich aufwärts entwickelt. Lebewesen hatten also bereits eine funktionierende Verhaltenssteuerung, lange bevor der Verstand anfing, Verhaltensentscheidungen rational zu treffen. Diese ursprüngliche Verhaltenssteuerung wurde vom Verstand im Laufe seiner Entwicklung immer mehr verdrängt. Dabei blockierte der Verstand auch einen großen und wichtigen Teil der Psyche in seiner Funktion. In religiöser Terminologie ist das der Sündenfall, weil der Mensch dadurch den Kontakt zu einem wesentlichen Teil der Realität und zu seinem Ursprung verlor. DAS ist die Ursache eskalierender Krisen und zahlreicher menschlicher Probleme (unter anderem einer Vielzahl von unheilbaren Krankheiten).

Der Verstand steuert Verhalten auf der Grundlage von Gesetzmäßigkeiten. Eine Gesetzmäßigkeit ist etwas, das unter bestimmten Bedingungen immer gleich ist. Sie verbindet eine Bedingung mit einer Konsequenz. Wann immer die Bedingung gegeben ist, tritt die Konsequenz ein.

Gesetzmäßigkeit: Bedingung ⇒ Konsequenz

Die Kenntnis einer Gesetzmäßigkeit ermöglicht es dem Verstand,

  • durch Herstellen der Bedingung die Konsequenz gezielt herbeizuführen oder
  • durch Meiden der Bedingung eine unerwünschte Konsequenz zu umgehen.

Da das Verhalten von Materie (teilweise) gesetzmäßig ist, kann der Verstand das Verhalten von Materie (teilweise) kontrollieren. Die größte Errungenschaft des Verstandes und gleichzeitig der Ursprung der heutigen Wissenschaft ist die Entdeckung der Naturgesetze. Naturgesetze beschreiben das elementare Verhalten der Materie (nahezu) vollkommen exakt mit Hilfe der Mathematik. Das elementare Verhalten der Materie ist das Verhalten einzelner miteinander interagierender Materie-Elemente. Die Kenntnis der Naturgesetze versetzt den Verstand in die Lage, das Verhalten mehrerer Materie-Elemente so zueinander zu koordinieren, dass sie in ihrer Gesamtheit eine Funktion ergeben, deren Nutzen weit über die Wirkung der Einzel-Elemente hinausgeht. Das ist die Grundlage von Technologie.

Der überwältigend große Erfolg mit den Naturgesetzen und der Technologie verleitete den Verstand dazu anzunehmen, er könne ALLE Probleme auf genau die gleiche wirksame Weise lösen. Das Weltbild des rationalen Verstandes sieht grob skizziert so aus:

  1. durch Beobachtung der materiellen Umwelt Gesetzmäßigkeiten ermitteln
  2. durch Anwendung der Gesetzmäßigkeiten Probleme lösen und Vorhaben umsetzen

Aber dieses Weltbild hat zwei gravierende Lücken, die der Verstand durch Illusionen aus seiner Wahrnehmung verschwinden lässt:

  1. den Zufall: Das Verhalten der Materie ist nicht vollständig gesetzmäßig. Der Verstand kontrolliert nur den gesetzmäßigen Verhaltensanteil der Materie. Alles, das nicht gesetzmäßig ist, betrachtet der Verstand als Zufall. Der Begriff des Zufalls suggeriert, dass das, was rational nicht kontrollierbar ist, grundsätzlich überhaupt nicht kontrollierbar sei. Damit handelt es sich nicht mehr um ein rationales Defizit, sondern um ein "naturgegebenes" Phänomen, dem auch auf anderem Wege nicht beizukommen ist.

    Doch Zufall ist keine Tatsache, sondern Unwissenheit: Aus menschlicher Sicht ist nicht unterscheidbar, ob ein Verhalten tatsächlich zufällig ist oder ob nur die Bedingungen seiner Entstehung nicht erkannt wurden. Genau das meinte Sokrates mit seinem berühmten Satz: "Ich weiß, dass ich nicht weiß." Den Zufall zur Tatsache zu erheben bedeutet, nicht zu wissen, dass man nicht weiß. Wenn Unwissenheit gar nicht als Unwissenheit wahrgenommen wird, dann wird auch nicht nach Erkenntnis gesucht.

  2. die Kontrolle über das eigene Verhalten: Für die Anwendung einer Gesetzmäßigkeit muss der Verstand sich selbst dazu bringen, die Bedingung zu erfüllen, damit die Konsequenz eintritt. Die Wissenschaft glaubt, dass die Probleme und Krisen lösbar wären, wenn der Mensch ihre weisen Erkenntnisse nur endlich mal alle richtig umsetzen würde. Doch leider geschieht das nicht. Der Anspruch einer vollständigen rationalen Kontrolle über das eigene Verhalten lässt sich praktisch nicht umsetzen. Die Illusion besteht darin anzunehmen, dass wenn wir uns nur einfach immer noch mehr und noch mehr anstrengen, die Erkenntnisse der Wissenschaft umzusetzen, die Probleme irgendwann in der Zukunft gelöst sein werden.

Der Verstand besitzt die Eigenart, sein Modell der Realität auf das zu beschränken, was er rational kontrollieren zu können glaubt und das zu verdrängen, worüber er keine Kontrolle hat. Die Differenzen zwischen seinem reduzierten Weltbild und der Realität verbirgt der Verstand durch unbewusst, aber geschickt angelegte rationale Tricksereien vor sich selbst.

Um nicht mit der Begrenztheit seiner Arbeitsweise konfrontiert zu werden, reduziert der Verstand die Realität auf Materie und ihre Gesetzmäßigkeiten und erschafft so die Illusion, dass das gesamte Universum rein rational kontrollierbar sei.

Die Illusion gibt dem Verstand ein Gefühl von Macht und Kontrolle, so wie es auch echte Erkenntnis tun würde. Alles, was die Illusion ins Wanken bringt, erscheint dem Verstand deshalb wie das Gegenteil von Erkenntnis und wird verbissen bekämpft. Der nicht-rationale Teil der Psyche würde den Verstand über seinen Irrtum Informieren, aber er wird vom Verstand blockiert.

Doch was ist es, das der Verstand in seinem Weltbild verdrängt?

Es ist der Ursprung des Verhaltens der Lebewesen (einschließlich des Menschen). Der Verstand stellt die Frage nach dem Ursprung des menschlichen Verhaltens nicht, weil er sich selbst als den Ursprung des Verhaltens ansieht. Der Verstand hat den Anspruch, das Verhalten vollständig rational zu kontrollieren. Die falsche Übersetzung des Begriffs "Ratio" mit "Vernunft" soll suggerieren, dass der Verstand die einzige legitime Verhaltenssteuerung ist, die alle anderen Verhaltenseinflüsse dominiert, kontrolliert und ersetzt. Nichts könnte falscher sein!

Warum fällt der Wissenschaft nicht auf, dass etwas fundamental Wichtiges in ihrem Weltbild fehlt?

Wissenschaft basiert auf dem wissenschaftlichen Beweis. Ein wissenschaftlicher Beweis bedeutet, die Gültigkeit einer Behauptung anderen Menschen nachvollziehbar vorzuführen. Das ist nur dann möglich, wenn Vorführender und Empfänger alle Elemente der zu beweisenden Behauptung gleichzeitig wahrnehmen können. Das wiederum ist nur für die Sinneswahrnehmung gegeben. Die Wahrnehmung des Menschen geht jedoch weit über die Sinneswahrnehmung hinaus. Sie kann sich auch dem Inneren der Psyche zuwenden. Innerpsychische Wahrnehmungen können nicht Teil wissenschaftlicher Beweise sein und werden von der Wissenschaft als unwissenschaftlich abgewertet, was so viel bedeutet wie irreführend, lächerlich und dumm. Die Wissenschaft nimmt an, das Innere der Psyche sei eine reine Reflexion der Sinneswahrnehmung. Aus ihrer Sicht kann in die Psyche nichts hineinkommen außer über die Sinne. Sie sieht die Psyche nicht als eigenständige Informationsquelle, die über die Sinneswahrnehmung hinausgehende Informationen liefert - ein weiterer fundamentaler Irrtum über die Realität. Die inner-psychische Wahrnehmung ist der Schlüssel, um die (nicht-rationale) Entstehung des menschlichen Verhaltens zu verstehen.

Die Lösung all der Krisen liegt im Inneren der Psyche, aber sie darf dort nicht gesucht werden, weil das unwissenschaftlich ist!

Weil die Wissenschaft der inner-psychischen Wahrnehmung keine Bedeutung beimisst, wird sie auch nicht entwickelt. Immer mehr Menschen haben überhaupt keinen Zugang mehr zu den Prozessen im Inneren ihrer Psyche und empfinden die inner-psychische Wahrnehmung als unangenehm und beängstigend. Normalerweise wendet sich die Aufmerksamkeit automatisch nach innen, sobald ihre äußere Inanspruchnahme nachlässt. Das geschieht zum Beispiel, wenn man irgendwo warten muss, mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt oder nachts nicht einschlafen kann. Seit es aber Smartphones gibt, wandert die Aufmerksamkeit in solchen Momenten sofort zum Smartphone und wird so lückenlos nach außen fixiert.

Wissenschaft betrachtet immer nur das, was vor ihrer Nase ist, aber sie betrachtet nie sich selbst, während sie die umgebende Welt untersucht und ihre Erkenntnisse anwendet. Deshalb entgeht ihr der wichtigste Zusammenhang überhaupt:

Die Wahrnehmung verändert das Wahrgenommene!

Dem wissenschaftlichen Weltbild fehlt das zentrale Element der Realität: das wahrnehmende Bewusstsein. Bewusstsein ist das, was der Mensch eigentlich ist. (Wer bin ich?) Bewusstsein ist das, was wahrnimmt. Der Mensch ist weder sein Körper noch sein Verstand. Der Verstand ist ein Werkzeug wie ein Computer und der Körper ist ein Vehikel wie ein Auto. Bewusstsein ist das, was Körper und Verstand benutzt. Es der Ursprung des menschlichen Verhaltens, auch wenn der Verstand glaubt, er würde das Verhalten bestimmen.

Der Verstand kontrolliert nur den gesetzmäßigen Anteil des Verhaltens der Materie. Über das, was er als Zufall ansieht, hat er keine Kontrolle. Das Bewusstsein hingegen lenkt den nicht-gesetzmäßigen Verhaltensanteil der Materie und verändert ihre Gesetzmäßigkeiten (Evolution). Die Mythologie bezeichnet das Ich als Heiligen Gral und seine Wirkung auf Materie als Magie. Dieses Bild ist auch deshalb so passend, weil der Mensch außerhalb von sich die Lösungen sucht, die eigentlich im Inneren seiner Psyche zu finden sind.

Wenn die vom Verstand unterdrückten Teile der Psyche wieder zum Leben erwachen, eröffnet das eine ganze Welt an Zusammenhängen und neuen Möglichkeiten. Wenn man es zu sehen beginnt, löst das einen regelrechten Schock darüber aus, wie etwas so Großes, Fundamentales und alle Lebensbereiche durchziehendes so vollständig übersehen werden kann. Die Mythologie beschreibt dieses Phänomen mit dem Motiv eines verborgenen magischen Reiches.

Der Verstand lenkt die Wirkung des Bewusstseins aus Unwissenheit in die falsche Richtung und bringt dadurch unbewusst negative Wirkungen hervor, deren Entstehen ihm zufällig erscheint. Deshalb löst der Zusammenhang im Verstand tief sitzende Urängste aus und wird mit aller Macht verdrängt und bekämpft. Das ist einer der Gründe, warum der Verstand die nicht-rationalen Teile der Psyche unterdrückt.

Die ursprüngliche Quelle des eigenen Verhaltens in sich selbst zu erkennen und den falschen Teil rationaler Verhaltenskontrolle aufzugeben bedeutet, den Sinn des Lebens zu finden, weil genau das all die Probleme löst, um deren Lösung sich der Verstand vergeblich bemüht.

Oberflächlich betrachtet ist Wissenschaft die moderne Weiterentwicklung aller anderen Weltanschauungen, die damit als überholt angesehen werden können. Allerdings gibt es in der Wissenschaft keine erkennbaren Entsprechungen für die Inhalte von Religion, Mythologie und fernöstlichen Weisheitslehren. Dem gesunden Menschenverstand sollte eigentlich klar sein, dass sich Menschen nicht Jahrtausende lang mit etwas beschäftigt hätten, wenn es gar keinen Bezug zur Realität hat. Tatsächlich haben Religion, Mythologie und fernöstliche Weisheitslehren die Aufgabe, dem Menschen genaue den Teil der Realität zu vermitteln, den das wissenschaftliche Weltbild komplett übersieht. Aber ihre auf Symbolen und Gleichnissen basierende Form der Darstellung ist dem heutigen stark versachlichten Verstand nicht mehr zugänglich. Es braucht deshalb eine Darstellung, welche an die von der Wissenschaft verwendete sachliche Sprache anknüpft. Und genau darum geht es hier.

Die Trennung des rationalen Verstandes vom wichtigsten Teil der Realität zieht sich durch alle Ebenen der menschlichen Existenz:

RealitätMaterienicht-materieller Teil (verleugnet)
WahrnehmungSinneswahr­nehmunginner-psychische Wahrnehmung (gemieden)
Psycherationaler Verstandnicht-rationale Teile (unterdrückt)
Verhaltenrationale Verhaltens­entscheidungenBewusstsein (blockiert)
WeltanschauungWissenschaftReligion, Mythologie und fernöstliche Weisheitslehren (scheinbar von der Wissenschaft überholt)

Das wissenschaftliche Weltbild sieht sich selbst bereits als vollständig an. Aber das ist eine Illusion, die unter anderem deshalb funktioniert, weil grundlegende Begriffe der menschlichen Existenz nie klar definiert werden: Rationalität, Materie, Naturgesetz, Leben, Energie uvm. Je klarer diese Begriffe in ihrer tatsächlichen Bedeutung verstanden werden, umso deutlicher zeigen sich die Lücken im wissenschaftlichen Weltbild.

Die vorliegende Publikation beschreibt einen praktischen Transformationsprozess der menschlichen Psyche, durch den Probleme lösbar werden, welche die gegenwärtige Wissenschaft nicht lösen kann. Das funktioniert aber nicht innerhalb des wissenschaftlichen Weltbildes, sondern es muss gleichzeitig ein neuer gedanklicher Rahmen erschaffen werden, damit diese Inhalte überhaupt kommuniziert werden können. Die Erweiterung des Weltbildes erscheint vielleicht manchmal wie Theorie - die es aber nicht ist. Es geht um Praxis und Wirkung! Es geht um die Lösung ganz handfester Probleme wie unheilbarer Krankheiten und globaler Krisen.

Mit der Auflösung rationaler Illusionen wird gleichzeitig ein weltanschauliches Fundament aufgebaut, das sowohl den nützlichen Teil der Wissenschaft als auch ein Abbild des im wissenschaftlichen Weltbild fehlenden Teils der Realität in einem Modell vereint:

Der grobe Ablauf sieht in etwa wie folgt aus:

  • Rationalität verstehen
  • rationale Illusionen auflösen
  • das wissenschaftliche Weltbild erweitern
  • Was ist Bewusstsein?
  • Wie beeinflusst unser Bewusstsein unsere Lebensumgebung?
  • die Existenz des Bewusstseins und seine Wirkung auf die Materie im wissenschaftlichen Sinne beweisen
  • die inner-psychische Wahrnehmung entwickeln
  • das Verhalten von falschen Teilen der Weltsicht lösen, um daraufhin zu erleben, wie die nicht-rationalen Teile der Psyche auf überraschende und überwältigende Weise aktiv werden und den Blick auf eine ganze Welt von bisher verborgenen Zusammenhängen eröffnen
nächstes Kapitel: Rationalität und Gesetzmäßigkeiten